Es ist ja wirklich jeder überglücklich jetzt über den Rücktritt a.k.a. die Ausbootung des Kevin Kuranyi aus der Nationalmannschaft - nie wieder muss man nun Angst davor haben, dass Kevin Kuranyi in womöglich wichtigen DFB-Spielen wieder lustlos herumstolpert und davor / dabei / danach beleidigt herumnölt. Das ist nun alles: vorbei! Da ist also eine sehr große Freude in mir drin jetzt, und eigentlich gibt es da auch keine zwei Meinungen, doch dann fiel mir der womöglich einzige Mensch auf der Welt ein, der ein wirklich glühender Anhänger des Kevin Kuranyi ist: meine Mutter. Drum rief ich sie noch am Sonntagnachmittag an. Ein Protokoll.
Ich: Und, Mutter, gestern Fußball geschaut?
Mutter: Nee, ich weiß aber, dass die 2:1 gewonnen haben!
Ich: Aber Kuranyi, Mutter!?! Hast du denn nichts von Kuranyi mitbekommen?
Mutter: Nein. Was ist denn mit meinem Kevin?
Ich: Was soll das eigentlich immer mit "deinem" Kevin?
Mutter: Ich mag den halt! Na und?
Ich: Mutter, wenn ich früher so eine Frisur gehabt hätte wie der, dann…
Mutter: Ach, du hattest doch früher eine viel schlimmere Frisur mit deinen langen Haaren…
Ich: Das sah super aus!
Mutter: Was du so unter "super" verstehst. Aber was ist jetzt mit meinem Kevin?
Ich: Na, der ist raus aus der Nationalelf! Raus! Schluss! Aus! Ende!
Mutter: Wie, raus? Mein Kevin?
Ich: Jap. Dein Kevin. Raus.
Mutter: Wieso das denn? Was ist denn passiert?
Ich: Also: Dein Kevin saß erstmal nur auf der Tribüne und ...
Mutter: ... Was ja wohl schon mal eine Riesen-Frechheit ist!
Ich: Nein, Mutter, der saß da völlig zu Recht!
Mutter: Wieso das denn bitte? Mein Kevin ist der Beste!
Ich: Ist er nicht. Klose, Podolski, Gomez und Helmes sind zum Beispiel besser.
Mutter: Wer ist denn bitte Helmes? Kenn ich nicht.
Ich: Das ist der momentan beste Torschütze der Liga.
Mutter: Ach! Der ist bestimmt nicht besser als mein Kevin!
Ich: Dein Kevin wurde auf Schalke kürzlich sogar von den eigenen Fans ausgepfiffen!
Mutter: Die haben doch keine Ahnung auf Schalke. Die spinnen doch alle da.
Ich: Jedenfalls: Dein Kevin saß also auf der Tribüne und war deshalb stinksauer, und ...
Mutter: ... Und das ja wohl auch völlig zu Recht!
Ich: Nein, Mutter, völlig zu Unrecht! Jedenfalls hat er dann mitten im Spiel das Stadion verlassen, und ...
Mutter: ... Was soll er denn auch da? Wenn er eh nicht spielt? Kann er doch machen!
Ich: Nein, kann er nicht. Schon gar nicht, ohne sich abzumelden!
Mutter: Ach, was du immer hast. Sollen die doch sehen, wie sie ohne ihn auskommen.
Ich: Machen die jetzt auch. Löw hat ihn heute Morgen rausgeschmissen. Ein für allemal.
Mutter: Ach. Der Löw hat doch auch keine Ahnung. Ich fand den schon immer unsympathisch.
Ich: Mutter!
Mutter: Ja, was denn? Ist doch so! Klinsi war viel besser!
Ich: Klinsmann hat gerade gegen Ingolstadt verloren ...
Mutter: Weil es diesen ganzen Millionären viel zu gut geht!
Ich: ...
Mutter: Jedenfalls finde ich das super vom Kevin. Das stinkt ihm halt, wie die mit ihm umspringen. Das lässt er nicht mit sich machen. Der Mann hat Schneid.
Ich: So kann man das auch sehen, Mutter.
Mutter: Ja. Und so seh ich das. Und jetzt Schluss mit Fußball. Kommst du eigentlich Weihnachten auch mal wieder nach Hause?
Und da musste ich wieder einmal feststellen, dass Mütter allen sonst wie logisch erscheinenden Argumenten zum Trotz dann irgendwie doch: immer Recht haben. Und am weitaus längeren Hebel sitzen. Und um das zu demonstrieren, reichen ihnen oft schon paar Minuten am Telefon.