Donnerstag, 11. September 2008

Drei drei in Finnland

Wenn man in Finnland drei Mal hinten liegt, ist es natürlich klar, dass man sich einiges reaktionäres Genöle anhören muss. Von so Leuten, die meinen, dass früher alles besser war. Und bevor ich mir so was jetzt anderswo durchlesen muss: schreib ich das lieber selbst.

Früher war das alles geiler. Da hatte die deutsche Mannschaft einen Libero, davor zwei bis drei Vorstopper, davor nochmal zwei Zerstörer, außen zwei Flitzer, und vorne hat irgendwann irgendwer irgendwie einfach einen reingewichst. Da stands dann eins null, das hat man dann sauber nach Hause gemauert, und fertig war die Laube. Klar, das war oft mehr als hässlich, aber das war egal, denn das war: gewinnen, da gabs drei Punkte und hinterher keine Missverständnisse. Auch während der EM hab ich mich genau dann besser gefühlt, als die deutsche Elf wieder ungeniert drauflos gerumpelt hat. Das kannte man, das war vertraut, das war okay, da wusste man, was man hat. Man hat sich da: zuhause gefühlt. Selbstverständlich war das oft ein super unansehnliches Gebolze und Geholze und Gemache, aber man konnte das halt nicht besser, man hat ja nur das Beste draus gemacht, und irgendwo war das doch auch ganz sympathisch.

Und heute: Spielen die drei drei in Finnland. Weil sie nach vorne spielen. Und hinten nicht aufpassen. Früher wären die da hin gefahren, hätten alles abgeräumt und wären dann eben mit eins null oder schlimmstenfalls: null null heimgefahren. Jedenfalls hätten die da sicher nicht drei Mal zurück gelegen. Ich habe mir vor kurzem ein Italien-Trikot gekauft. Noch vor wenigen Jahren wäre das: UNDENKBAR gewesen. Doch mittlerweile hab ich umgedacht. Die Italiener sind die einzigen, die noch so richtig eklig und abgewichst sind. Ich mag das. Niemals kämen die Italiener auf die verrückte Idee, drei drei in Finnland zu spielen. Die spielen zwo eins auf Zypern und zwo null gegen Georgien und machen jeweils in der 90. ein Tor. Und dann fahren die heim und haben sechs Punkte. Fertig. Ich finde das irgendwie ... nun ja ... beruhigend. Dass es so was noch gibt. Dass da wer nicht mit der Zeit geht und vertikal und riskant und völlig BLIND nach vorne stürmt. Dass da wer einfach nur: abgewichst ist und: gewinnt.

"IM SPIEL NACH VORNE WAREN WIR KLASSE!!!", ist Joachim Löw dem Sidekick des TV-Titans*, Johannes B. Kerner, akkurat über den Mund gefahren, als dieser zu einer leichten Kritik am Abwehrverhalten der DFB-Elf ansetzen wollte. Und Löw wiederholte das gern noch einmal, als Kerner einen zweiten Versuch startete: "NACH VORNE: KLASSE!!!", und da hat er Recht, das war okay, vor allem das rehhagellesque Einwechseln zweier weiterer Stürmer war sexy. Werder Bremen ist im Spiel nach vorne auch meistens KLASSE. Und keine Mannschaft in der Bundesliga ist mir so sympathisch wie Werder. Nur: Die gewinnen halt meistens nichts.

* Fußnotiz zum TV-Titan: Sorry, aber: mies, ganz mies. Begründung: 1.) Sinnleeres Äh-natürlich-schon-auch-Druck-
und-klar-auf-diesem-Niveau-geht-das-nicht-Gefasel. 2.) Verbissenheit, Schmallippigkeit und Unlockerheit Galore. 3.) Indiskutable Probleme mit der Technik. Ich will Jürgen Klopp zurück.