Freitag, 30. Mai 2008

Der Clash der Abgewichsten

Nachdem in den vergangenen Wochen nun eingehend die Situation in den einzelnen Gruppen besprochen wurde, nun also der Rest. Mit Bekanntgabe des Siegers. Wer sich die Spannung erhalten möchte, liest also bitte nicht weiter.

VIERTELFINALE

Das erste Viertelfinale hat gleich zwei Sieger: Portugal UND Ronaldo, der Quaresma an diesem Tag um Längen übertrifft. Beim 4:1 gegen die chancenlosen und daher wieder wild um sich tretenden Kroaten läuft alles über Ronaldo, der zwar nur ein Tor selbst besorgt, dafür aber alle anderen lässig mit dem Außenrist vorbereitet. Quaresma dagegen hat Pech und bricht sich beim Versuch eines simplen No-Look-Kreuzschuss-Übersteigers den Knöchel. EM gelaufen. Das zweite Viertelfinale findet in Wien statt, womit es mit der Schweiz und ihrem Heimvorteil also Essig ist. Schland nutzt das eiskalt aus und geht früh in Führung (12., Gomez mit dem Knie nach Odonkor-Flanke). Zehn Minuten vor Schluss schlägt die Schweiz jedoch urplötzlich in Form eines Frei-Elfmeters nach Handspiel Mertesacker zurück. Nach torloser Verlängerung entscheidet das Elfmeterschießen - zugunsten der Deutschen, außer Frei semmeln alle Schweizer drüber / daneben. Die übrigen Viertelfinals sind eine Demonstration der Coolness. Griechenland kocht die viel zu naiven Rumänen ungeniert mit 1:0 ab (43., Charisteas per Kopf nach Ecke). Italien muss seinerseits nicht einmal selbst aktiv werden, denn Spanien spielt so, wie Spanien in der KO-Runde eines Turniers eben spielt - und vergeigt zuverlässig mit 0:1 durch ein Eigentor von Carles Puyol in der 13. Minute. Ein frühes Geschenk, das Italien die letzten 77 Minuten solide runter mauert.

HALBFINALE

Es ist der 26. Juni, das altehrwürdige Ernst-Happel-Stadion zu Wien, es ist DAS Spiel dieser EM, Italien gegen Griechenland, der Welt- gegen den Europameister, der Clash der Abgewichsten. Hatte sich die Squadra in der so called Todesgruppe noch leidlich motiviert gezeigt, schienen Pirlo und Co nun erstmals richtig heiß - hatten sich König Ottos Hellenen in den vergangenen Jahren doch glatt erdreistet, den Italienern die zynische Spielphilosophie abzukupfern. So nicht!, fand Italien. "Es kann nur einen geben", hatte Roberto Donadoni vor dem Anpfiff noch gesagt. Und dabei diabolisch gegrinst. Er hatte das Drehbuch wohl schon im Kopf. Italien ließ die nichts ahnenden Griechen also erst einmal früh in Führung gehen (5., Charisteas per Kopf nach Ecke) und mauerte danach seelenruhig vor sich hin - bis zur 88. Minute, in der Hellas dann doch noch vom Olymp purzelte, weil Pirlo per unberechtigtem Witz-Elfer routiniert den logischen Ausgleich besorgte. Rehhagel außer sich, mit hochrotem Kopf an der Seitenlinie tobend; Donadoni wieder mit diesem diabolischen, überlegenen Grinsen. Verlängerung. Der Lektion, zweiter Teil: Donadoni stellt um, bringt Del Piero, Quagliarella und Di Natale, bedingungslose Offensive also, und die vier Angreifer nehmen die viel zu klobigen Griechen mit brillanten Spielzügen erbarmungslos auseinander - 6:1 (Toni 5) heißt es am Ende; Griechenland, verprügelt und gedemütigt. Und Donadoni grinst. Im zweiten Halbfinale zwischen Schland und Portugal greift Löw erstmals zu unlauteren Mitteln: Er lässt Maik Franz einfliegen, verkleidet diesen als Simon Rolfes und setzt ihn auf Ronaldo an. Franz ist blendend aufgelegt und mixt sein breites Repertoire an nickligen Fouls und kleinen Gemeinheiten gekonnt mit miesen portugiesischen Beleidigungen der untersten Schublade. Das wirkt. Ronaldo sieht erst kaum einen Stich und dann in der 76. schließlich nach Frustfoul die Rote Karte. Löw grinst fast so fies wie Donadoni und bringt Odonkor - der flankt, und Mario Gomez hält das Knie hin. Finale.

FINALE

In der Neuauflage der Tragödie von Dortmund setzt Jogi Löw erneut auf den verkleideten Maik Franz. Was Donadoni zwar bemerkt jedoch wirklich so rein gar nicht kratzt - er geht ja seinerseits auf Nummer sicher und bringt neben Luca Toni den schnell noch eingeschmuggelten und nun als Alessandro Del Piero verkleideten Pippo Inzaghi. Da Deutschland nur einen Maik Franz hat, der zudem schon in der 3. Minute nach Inzaghi-Schwalbe Gelb sieht, steht entweder Toni oder Inzaghi permanent frei. Zwischen der 40. und 50. Minute rennt Deutschland in fünf Konter. Alle Treffer (Toni 2, Inzaghi 2, Grosso 1) fallen aus dem Abseits heraus, doch der Linienrichter ist gekauft. Berlusconi grinst beim Abpfiff fast so diabolisch wie Donadoni. Jogi Löw tritt noch auf der anschließenden Pressekonferenz zurück und wird Klinsmanns Co bei Bayern. Als Nachfolger drückt - nachdem Otto Rehhagel sich erst wochenlang medial hofieren ließ, nur um dann doch abzusagen weil er "bei den Griechen im Wort stehe" - die BILD Lothar Matthäus durch, dem mittlerweile aufgefallen ist, dass Israel doch ziemlich weit weg ist.